Die Wissenschaftler Prof. C. Brenhin Keller und Alexander A. Cox vom Dartmouth College (New Hampshire, USA), American Association for the Advancement of Science (AAAS) ließen Computer entscheiden: wer war für das Massenaussterben am Ende der Kreidezeit vor ca. 66 Mio. Jahren verantwortlich- exorbitante Vulkanausbrüche oder der Killermeteorit aus dem Weltall?
Über das Ergebnis berichten sie im Wissenschaftsjournal Science.
Obwohl in der Öffentlichkeit immer mehr das Bild des Killerasteroiden von Chicxulub im heutigen Mexico als Hauptursache des Dino-Aussterbens gepflegt wird, ist in der wissenschaftlichen Diskussion immer noch der Vulkanismus im Gespräch, der damals die Flutbasalte des Dekkan-Trapp im westlichen Indien bildete.
Nach einer Studie der University of California in Berkeley (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aac7549) könnte der damalige Asteroiden-Paukenschlag die Basaltfluten sogar zusätzlich angetrieben haben.
Sowohl der nachgewiesene Einschlag des Himmelskörpers als auch die Freisetzung der riesigen Lavamassen haben wohl unvorstellbare Mengen an sauren und klimaaktiven Gasen freigesetzt wie Kohlendioxid und Schwefeldioxid. Allein die dadurch ausgelösten Klimaschwankungen könnten die gesamte Biosphäre mit ihren ökologischen Zyklen und Nahrungsketten zum Kollabieren gebracht haben.
Um die Frage nach der ausschlaggebenden Ursache für das Massensterben per Computerlogik zu klären, verarbeiteten Keller und Cox mit einer Zusammenschaltung aus ca. 130 miteinander vernetzten Prozessoren alles, was sie an paläoklimatischem und geologischem Datenmaterial zu dem Thema auftreiben konnten.
Für ihre Berechnungen nutzten sie ein Computermodell des Kohlenstoffkreislaufs auf der Erde, das normalerweise für Zukunftsprognosen genutzt wird. Der Berechnungsmodus wurde dahingehend umgekehrt, dass das Programm aus gegebenen Umweltbedingungen von vor 66 Mio. Jahren rückwärts deren mögliche Ursachen ermittelte.
Das Programm spielte über 300.000 mögliche Szenarien durch und folgerte aus den Ergebnissen, dass tatsächlich sowohl die „Abgase“ des Dekkan-Trapps als auch der Asteroidenimpakt zum Dino-Tod beigetragen haben. Allerdings hätten für ein globales Massenaussterbeereignis wohl auch die Vulkangase allein schon ausgereicht. Immerhin dauerte die vulkanische Hyperaktivität damals ca. 1 Mio. Jahre an und produzierte wohl an die 9,3 Billionen (!) Tonnen Schwefel und mehr als 10 Billionen Tonnen Kohlendioxid, um diese in die Atmosphäre zu blasen.
So gesehen wurde die Katastrophe für die Biosphäre vor 66 Millionen Jahren durch den Einschlag des Chicxulub-Asteroiden lediglich noch einmal kräftig verstärkt. Keller und Cox rekonstruierten mit ihrem Computermodell rund um das Einschlagsereignis einen steilen Rückgang der organischen Kohlenstoff-Ablagerungen in der Tiefsee. Den Wissenschaftlern zufolge deutet dies darauf hin, dass der Einschlag das Absterben zahlreicher Tiere und Pflanzen verursachte.
Allerdings stiegen die Emissionen von Kohlendioxid und Schwefeldioxid zum Zeitpunkt des Einschlags wohl nur wenig an. Die direkten Auswirkungen des Asteroideneinschlags waren dem Computermodell zufolge schwächer und kurzlebiger als bisher angenommen und verursachten daher wahrscheinlich auch nur einen kurzen globalen eisigen „Winter“ durch abgeblockte Sonnenstrahlen. Die Auswirkungen von Chicxulub wären demnach eher die direkten Folgen seines Einschlags und weniger die langfristigen Veränderungen der Erdatmosphäre.
Weitere Anwendungen denkbar
Nach Aussage der Forscher ist vorstellbar, das Konzept künftig auch auf andere geologische Phänomene mit strittiger genauer Ursache zu übertragen. „Jedes Erdsystem, bei dem wir die Wirkung, aber nicht die Ursache kennen, ist reif für eine Umkehrung. Je besser wir den Output kennen, desto besser können wir den Input charakterisieren, der ihn verursacht hat“, so Cox. (Science, 2023; doi: 10.1126/science.adh3875)
Quelle: Scinexx; Dartmouth College, American Association for the Advancement of Science (AAAS)