Ein Team aus Geologen und Paläontologen entdeckte in der Westantarktis guterhaltene Wurzeln, Pollen und Sporen von Regenwaldbäumen aus der mittleren Kreidezeit (ca. 90 Mio. Jahre vor heute).
Die Periode der mittleren Kreide (115 bis 80 Mio. Jahre vor heute) war die Blütezeit der Dinosaurier sowie der wärmste Zeitabschnitt in den vergangenen 140 Mio. Jahren, mit Temperaturen von um die 35°C in den Tropen und einem im Vergleich zu heute ca. 170 m höheren Meeresspiegel.
Jedoch war über die Umwelt jenseits des südlichen Polarkreises bisher wenig bekannt.
“Die Erhaltung dieses 90 Mio. Jahre alten Waldes ist außergewöhnlich, aber noch überraschender ist die Welt, die sich offenbart,” sagt Professor Tina van de Flierdt, ein Forscher am Department of Earth Science & Engineering am Imperial College London.
“Sogar über Monate der Dunkelheit waren sumpfige gemäßigte Regenwälder in der Lage, nahe am Südpol zu gedeihen. Dies verrät, daß das Klima sogar wärmer war, als wir erwarteten.”
Der Beweis für den antarktischen Wald kommt aus einem Sedimentbohrkern der Bohrung PS104_20-2 (73.57°S, 107.09°W; 946 m Wassertiefe) nahe Pine Island und den Thwaites -Gletschern in der Westantarktis.
Eine Sektion des Kerns, die wohl ursprünglich an Land abgelagert wurde, fiel den Forschern sofort durch ihre eigenartige Farbe auf.
“Während der anfänglichen Betrachtungen an Bord zog die unübliche Färbung der Sedimentschicht rasch unsere Aufmerksamkeit auf sich. Sie differierte klar von der darüber gelagerter Schichten,” so Dr. Johann Klages, Geologe am Alfred-Wegener- Institut in Bremerhaven.
Das Team scannte diese Sektion im Computertomographen und entdeckte ein intaktes 3 m langes Netzwerk fossiler Wurzeln. Diese waren so guterhalten, dass sogar individueller Zellstrukturen auszumachen waren.
Die 90 Mio. Jahre alte Probe enthielt darüber hinaus zahllose Spuren von Pollen und Sporen von Pflanzen, einschließlich der ersten Überreste von Blütenpflanzen, die jemals in diesen antarktischen Breiten gefunden wurden.
“Die zahlreichen Pflanzenreste zeigen, dass die westantarktische Küste vor 93 bis 83 Mio. Jahren eine sumpfige Landschaft war, in der gemäßigte Regenwälder wuchsen-ähnlich denen, die immer noch gefunden werden können, nämlich auf Neuseelands Südinsel,” so Professor Ulrich Salzmann, Paläoökologe an der Northumbria University.
Zur Rekonstruktion der Umwelt dieses fossilen Waldes bewerteten die Forscher die klimatischen Konditionen, unter denen die modernen Nachkommen jener Pflanzen heute leben und analysierten die Temperatur-und Niederschlagsindikatoren in der Probe.
Sie fanden, dass die Lufttemperatur im Jahresmittel ca. 12 °C betrug. Die durchschnittliche Sommertemperatur lag bei ca. 19°C. Die Wassertemperaturen in den Flüssen und Sümpfen kletterten bis auf 20°C.
Daraus schlossen sie, dass der antarktische Kontinent vor 90 Mio. Jahren mit dichter Vegetation bedeckt war. Es gab keine Eismassen auf dem Land in der Art einer Eisdecke über der Südpolregion, und die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre war weitaus höher als zuvor vermutet.
“Vor unserer Studie galt die allgemeine Auffassung, dass die globale Kohlendioxidkonzentration in der Kreidezeit bei grob 1.000 ppm lag,” so Dr. Klages.
“Aber in unseren modellbasierten Experimenten brauchte es Konzentrationen von 1.120 bis 1.680 ppm, um die damaligen antarktischen Durchschnittstemperaturen zu erreichen.”
Die Entdeckung wurde in einer Arbeit im Journal Nature. Veröffentlicht.
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J.P. Klages et al. 2020. Temperate rainforests near the South Pole during peak Cretaceous warmth. Nature 580, 81-86; doi: 10.1038/s41586-020-2148-5